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Kann der Vermieter Abrechnungsmaßstab ändern? – Voraussetzungen

Zahlt der Mieter Nebenkosten, kommt es darauf an, wie diese berechnet werden. Im Mietvertrag wird deshalb regelmäßig ein bestimmter Abrechnungsmaßstab (Verteilerschlüssel, Umlageschlüssel) vereinbart. Ist mietvertraglich nichts vereinbart, bestimmt das Gesetz als Abrechnungsmaßstab die Wohnfläche (§ 556a I BGB).

A. Grundsatz: Ein vereinbarter Abrechnungsmaßstab ist unveränderlich

Haben die Parteien mietvertraglich einen bestimmten Abrechnungsmaßstab vereinbart, hat der Vermieter grundsätzlich keine Möglichkeit, diesen Abrechnungsmaßstab einseitig und willkürlich nach eigenem Ermessen abzuändern (LG Bautzen WuM 2001, 288).

Ist beispielsweise als Abrechnungsmaßstab die Wohnfläche vereinbart, kann der Vermieter nicht auf die Personenzahl umstellen oder den umbauten Raum zu Grunde legen. Er würde dann unzulässigerweise die vertragliche Vereinbarung verändern. Dies wäre ein klarer Vertragsbruch.

Will der Vermieter den Abrechnungsmaßstab ändern, muss er eine solche Änderung des Abrechnungsmaßstabs ausdrücklich mit dem Mieter vereinbaren. Ausnahmsweise kann er nach Maßgabe der gesetzlichen Regelung des § 556b II BGB vorgehen (siehe dazu 2.2.).

Umgekehrt kann auch der Mieter keine verbrauchsabhängige Abrechnung verlangen, wenn er mietvertraglich als Abrechnungsmaßstab die Wohnfläche oder die Personenzahl vereinbart hat (LG Berlin NZM 2001, 707).

Ungeachtet dessen ist der Vermieter nach Maßgabe der Heizkostenverordnung (Ausnahme: §§ 2, 9 HeizkostenV) verpflichtet, den Energieverbrauch des Mieters mindestens zu 50 % verbrauchsabhängig abzurechnen.

B. Ausnahmen: Abänderungsmöglichkeiten des Vermieters

1. Festlegung des Abrechnungsmaßstabs nach billigem Ermessen des Vermieters

Mietvertraglich können die Parteien vereinbaren, dass der Vermieter den Abrechnungsmaßstab nach „billigem Ermessen“ bestimmt. Entspricht seine Entscheidung nicht der Billigkeit, ist sie für den Mieter unverbindlich (§ 315 III BGB).

2. Abänderung des Abrechnungsmaßstabs durch die Vermieter

2.1. Vertraglich vereinbarte Abänderung des Abrechnungsmaßstabs

Es bleibt den Parteien des Mietvertrages unbenommen, einvernehmlich den bestehenden Mietvertrag und damit den vereinbarten Abrechnungsmaßstab abzuändern. Will der Mieter die Änderung nicht akzeptieren, muss er ausdrücklich ablehnen.

Der Mieter kann der Vertragsänderung auch stillschweigend zustimmen, wenn der Vermieter den Abrechnungsmaßstab einseitig ändert und der Mieter vorbehaltslos weiterhin Vorauszahlungen leistet oder eine entsprechende Nebenkostenabrechnung akzeptiert.

2.2. Gesetzliche begründete Abänderung des Abrechnungsmaßstabs

Eine gesetzliche Regelung zur Abänderung des Abrechnungsmaßstabs findet sich in § 556 a II BGB. Danach ist der Vermieter berechtigt, Nebenkosten zukünftig abweichend von einer getroffenen Vereinbarung ganz oder teilweise nach einem Abrechnungsmaßstab umzulegen, der dem erfassten Verbrauch oder der erfassten Verursachung des Mieters Rechnung trägt. Vereinbarungen, die dem Vermieter über diese gesetzliche Regelung hinausgehende Befugnisse einräumen, sind unwirksam. Die Regelung des § 556 II BGB ist insoweit abschließend. Stichwort ist also die verbrauchs- oder verursachungsabhängige Abrechnung.

a. Anwendungsbereich des § 556 II BGB

Hintergrund dieser Regelung ist, dass der Gesetzgeber den verbrauchsbewussten und ökonomischen Energieverbrauch fördern möchte. Die gesetzliche Änderungsmöglichkeit beschränkt sich also auf Nebenkosten, bei denen eine Verbrauchs- oder Verursachungserfassung überhaupt erfolgen kann. Als solche Nebenkosten kommen insbesondere die Energiekosten für Heizung und Warmwasseraufbereitung sowie die Müllgebühren in Betracht.

Die Vorschrift ist nur anwendbar, wenn eine Kostenart bislang ohne Erfassung des Verbrauchs- oder der Verursachung abgerechnet wurde. Soweit Verbrauchserfassungsgeräte (z.B. Verdunstungsröhrchen am Heizkörper) bereits vorhanden sind, stört dies nicht. Ausreichend ist, die Nebenkosten mit einem Festanteil und einem Verbrauchsanteil zu kombinieren.

Die Vorschrift soll nicht zur Anwendung kommen, soweit im Rahmen eines Mietverhältnisses bereits ein Festkosten- und ein Verbrauchsanteil vereinbart sind. Aber auch hier ist die Anwendbarkeit eher zu bejahen, soweit die Zielrichtung des Gesetzes (verbrauchsbewusste Energienutzung) verfolgt wird.

Die Vorschrift ist auch bei preisgebundenem Wohnraum anwendbar. Auch hier entspricht sie dem Gesetzeszweck. Im Gewerbemietrecht ist die Vorschrift hingegen nicht anwendbar. In diesem Bereich ist der Vermieter auf das Einvernehmen mit dem gewerblichen Mieter angewiesen und kann einseitig keine Änderungen veranlassen.

b. Ziel ist die verbrauchs- oder verursachungsabhängige Erfassung von Nebenkosten

Voraussetzung ist also, dass eine verbrauchs- oder verursachungsabhängige Erfassung bezweckt wird. Nicht ausreichend ist, wenn der Vermieter lediglich den Abrechnungsmaßstab von Wohnfläche auf Personenzahl oder umgekehrt abändern will. Ebenso wenig genügt es, wenn der Vermieter von einer Inklusivmiete zur Nettomiete übergehen möchte (LG Augsburg WuM 2004, 148). Auch der Übergang zu einer Mietpauschale ist nicht Sinn der Regelung.

In einem Mehrfamilienhaus macht die Abänderung des Abrechnungsmaßstabs es für den Vermieter nur Sinn, wenn alle Mieter betroffen sind. Wollte er die Nebenkostenabrechnung mit unterschiedlichen Abrechnungsmaßstäben erstellen, wäre dies technisch nahezu unmöglich und letztlich ungerecht und in der Konsequenz wohl auch unwirksam.

c. Vermieter muss die Heizkostenverordnung beachten

Die Art und Weise der Verbrauchserfassung richtet sich beim Energieverbrauch mithin nach der Heizkostenverordnung. Danach muss der Vermieter den Verbrauch exakt erfassen. Einfache Schätzungen genügen nicht. Die Heizkostenverordnung hat immer Vorrang.

Hat der Vermieter bislang nicht entsprechend der Heizkostenverordnung verbrauchsabhängig abgerechnet, kann er nach § 556 II BGB verfahren und künftig verbrauchsabhängig nach Maßgabe der Heizkostenverordnung abrechnen.

d. Informationspflicht und Vorlaufzeit

Will der Vermieter von dieser Regelung Gebrauch machen, muss er den Mieter vor Beginn eines Abrechnungszeitraumes informieren. Die Abänderung im laufenden Abrechnungsjahr ist nicht zulässig (§ 556a II S. 2 BGB). Eine rückwirkende Änderung ist ausgeschlossen.

e. Textform

Die Erklärung hat in Textform zu erfolgen (§ 126b BGB). Andernfalls ist sie unwirksam.

Der Vermieter muss den Umfang der Vertragsänderung nachvollziehbar darstellen (LG Hamburg ZMR 1998, 36). Vorauszahlungen sind anzupassen. Begründen braucht der Vermieter die Änderung nicht (BGH GE 2003, 1153). Um beim Mieter Verständnis zu erwecken, empfiehlt sich zumindest der Hinweis auf § 556a II BGB. Der Mieter braucht nicht zuzustimmen. Aufgrund der Gesetzesregelung hat der Vermieter Anspruch auf die Änderung.

f. Inklusivmieten und Mietpauschalen sind zu korrigieren

Soweit die vom Vermieter künftig verlangten Nebenkosten in der Miete enthalten sind, muss der Vermieter die Miete entsprechend herabsetzen (§ 556a II S.3 BGB). Somit kann der Vermieter auch von einer Inklusivmiete und einer Teilinklusivmiete zu einer verbrauchs- oder verursachungsbezogenen Abrechnung wechseln. Gleiches gilt für eine Mietpauschale. Der Vermieter muss die Herabsetzung der Miete zusammen mit der Änderung erklären. Andernfalls soll sie unwirksam sein (AG Münster WuM 1994, 613).

10 Antworten auf "Kann der Vermieter Abrechnungsmaßstab ändern? – Voraussetzungen"

  • Susanne S
    30. November 2016 - 06:09 Antworten

    Sehr geehrter Herr Hundt,

    wir wohnen in einem drei Parteien Haus. Im Mietvertrag hat der Vermieter mit uns vereinbart die Nebenkosten nach der Wohnfläche abzurechnen. Für die ersten zwei Jahre hat er uns aber eine Nebenkostenabrechnungen zugeschickt, die nach Personenwohntagen abgerechnet war. Die Abrechnung haben wir stillschweigend akzeptiert und die Nachzahlung bezahlt.
    Für dieses Jahr haben wir aber eine Nebenkostenabrechnung nach, der im Vertrag vereinbarten Wohnfläche bekommen. Darf der Vermieter wieder den Abrechnungsmaßstab ändern ohne eine vorherige Ankündigung? Meiner Meinung nach haben wir bei der ersten Änderung stillschweigend eine Vertragsänderung zugestimmt.
    Greift in diesem Fall der 556a BGB Abs.2 und 3 ein?
    Diese erneute Änderung hat für und einen großen Nachteil, da wir die größte Wohnung bewohnen und in den weiteren zwei Parteien (die deutlich kleiner sind) mehr Personen wohnen und noch weitere Personen letztes Jahr eingezogen sind.

    Vielen Dank für Ihre Antwort.

    Mit freundlichen Grüßen

    Susanne S.

    • Dennis Hundt
      30. November 2016 - 16:05 Antworten

      Hallo Susanne,

      ich denke Ihr Vermieter hält sich jetzt erstmalig an den vereinbarten Schlüssel. So wie Sie es sich in den Vorjahren vielleicht gewünscht haben (“…haben wir stillschweigend akzeptiert…”)

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Miriam
    8. März 2020 - 11:36 Antworten

    Hallo Herr Hundt,
    in unserem Mietvertrag ist die Abrechnung der Betriebskosten nach der Wohnfläche festgelegt. Es heißt weiter “Betriebskosten, die von einem erfassten Verbrauch oder einer erfassten Verursachung durch die Miezer abhängen, können nach einem Maßstab umgelegt werden, der dem unterschiedlichen Verbrauch oder der unterschiedlichen Verursachung Rechnung trägt.”. Sowie “Der Vermieter ist aus sachlichen Gründen berechtigt, den Umlageschlüssel für die Betriebskosten nach billigem Ermessen zu ändern.”

    Aktuell werden jedoch die Kosten von Frisch- und Abwasser sowie die Müllkosten nach Personenmonaten abgerechnet.

    Könnten wir dieser Nebenkostenabrechnung widersprechen? (Die Berechnung nach qm-Wohnfläche wäre für uns deutlich günstiger und würde nicht – wie aktuell – zu einer ordentlichen Nachzahlung führen).
    Und bedeutet die Formulierung, dass der Vermieter nach billigem Ermessen den Umlageschlüssel ändern darf, dass er von Wohnfläche auf Personenanzahl/Personenmonate ab der nächsten Abrechnungsperiode umstellen dürfte? So wie ich Ihre Artikel hier verstanden habe, wäre das laut §556(a) BGB eigentlich nicht möglich, sondern nur eine Umstellung auf den tatsächlichen Verbrauch z.B. durch die Installation von Wasserzählern?! Ändert diese Formulierung etwas daran?

    Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.

    Viele Grüße

  • Walter Ohlert
    24. März 2021 - 15:40 Antworten

    Hallo Herr Hundt,

    ich komme hier als Vermieter nicht weiter.
    Ich habe 3 Mieter die eine Inklusivmiete haben. Weder die Nebenkosten, noch die Hoezkosten werden abgerechnet. Der Mietvertrag ist nicht ganz eindeutig.
    Ich kann aus technischen Gründen keine verbrauchsabhängigen Warmwasser- und Heizkosten abrechnen. Das Gesetz gibt dann die Möglichkeit nach beheizter Wohnfläche abzurechnen.
    Kann ich unter diesen Umständen von der Inklusivmiete auf eine Abrechnung nach WFL umschwenken?

    Vielen Dank für eine Antwort im Voraus.

    • Dennis Hundt
      24. März 2021 - 17:11 Antworten

      Hallo Walter,

      ohne alle Details zu kennen, kann ich Ihnen hier leider nicht helfen. Ich würde empfehlen, die Vereinbarung im Mietvertrag rechtlich prüfen zu lassen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

      • Walter Ohlert
        11. April 2021 - 15:11 Antworten

        Hallo Herr Hundt,

        der Mietvertrag ist nicht eindeutig, laut Anwaltlicher Prüfung.
        Die Aussagen: die Betriebskosten sind in der Miete enthalten….danach: Die Heizkosten werden nach Wohnfläche und Verbrauch abgerechnet. Die Prozentangaben fehlen.

        Der Vorbesitzer hat den Mietern nie etwas an Neben- oder Heizkosten berechnet.

        Angenommen der erste Satz zählt, kann ich dann von Inklusivmiete auf eine Abrechnung per QM umstellen?

        Vielen Dank

        • Dennis Hundt
          12. April 2021 - 09:26 Antworten

          Hallo Walter,

          ich würde mich an die Einschätzung des Anwalts halten, der die Klausel geprüft hat. Wenn Sie eine wirksame Pauschale vereinbart haben, können Sie nicht ohne Zustimmung des Mieter auf Vorauszahlung + Abrechnung umstellen.

          Viele Grüße

          Dennis Hundt

  • Peter Gablonsky
    29. Januar 2024 - 18:55 Antworten

    Hallo Herr Hundt,
    ich besitze 2 Wohnungen in einem Haus. Der Verteilerschlüssel für Wasser und Abwasser beträgt bislang Anzahl an Personen/Haushalt. Die einen Mieter haben nun im Jahr 2023 3,5 Mal so viel Wasser/Person verbraucht wie die anderen Mieter. Ich möchte jetzt den Verteilerschlüssel auf cbm Wasserverbrauch/ Haushalt ändern.
    Dies erscheint mir gerechter als der bisherige Verteilerschlüssel.
    Kann ich dies für das laufende Jahr 2024 den Mietern mit der Betriebskostenabrechnung 2023 so mitteilen, oder benötige ich von beiden Mietparteien die schriftliche Zustimmung?
    Gilt dieser Verteilerschlüssel dann auch für das laufende Jahr 2024 oder erst ab 2025?

    Vielen Dank für Ihre Antwort

    • Dennis Hundt
      31. Januar 2024 - 07:14 Antworten

      Hallo Peter,

      Sie können den Verteilerschlüssel nur einvernehmlich mit den Mietern oder durch Installation von Wasseruhren ändern (dann entsprechend nach Verbrauch).

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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