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Dürfen Mieter Nebenkostenvorauszahlungen selbstständig korrigieren und anpassen?

Die Verpflichtung des Mieters zu Nebenkostenvorauszahlungen ist regelmäßig mietvertraglich vereinbart. Die Höhe der laufenden Nebenkostenvorauszahlung kann sich ändern und bestimmt sich nach der letzten Nebenkostenjahresabrechnung.

In diesem Artikel geht es speziell um die Frage, ob Mieter die Höhe der Nebenkostenvorauszahlungen selbstständig anpassen bzw. korrigieren dürfen. Denn von einer angemessenen Vorauszahlung hängt es ab, ob es zu einer Nachzahlung oder zu einem Guthaben aus der Nebenkostenbrechnung kommt.

1. Vorauszahlungen müssen angemessen sein

Ergibt sich eine Nachzahlung, wird der Vermieter die Vorauszahlungsquote erhöhen, bei einer Erstattung ermäßigen und bei gleichbleibender Kostenbelastung in der bisherigen Höhe belassen. Sind die Vorauszahlungen dermaßen begründet, sind sie auch angemessen. Insoweit braucht der Mieter Vorauszahlungen für Nebenkosten nur in angemessener Höhe zu akzeptieren (§ 556 II Satz 2 BGB).

2. Auch der Mieter hat ein Anpassungsrecht

Zugleich bestimmt § 560 IV BGB, dass jede Vertragspartei nach einer Nebenkostenabrechnung eine Anpassung der Nebenkostenvorauszahlungen auf eine angemessene Höhe vornehmen darf. Das Anpassungsrecht steht sowohl dem Vermieter als auch dem Mieter zu. Meist ist es so, dass der Vermieter infolge höherer Kosten die Vorauszahlungen erhöht. Aber auch der umgekehrte Fall kommt vor, in dem der Mieter die Vorauszahlungen herabsetzt. Der Bundesgerichtshof (BGH Urteil v. 6.2.2013, VIII ZR 184/12) hat die Korrekturmöglichkeit des Mieters nochmals ausdrücklich festgestellt.

Beanstandet der Mieter inhaltliche Fehler der Jahresabrechnung und errechnet er einen für ihn niedrigeren Vorauszahlungsbetrag, ist er berechtigt, die Vorauszahlungen auf der Grundlage seines errechneten Abrechnungsergebnisses vorzunehmen.

3. Zurückbehaltungsrecht bei laufenden Nebenkostenvorauszahlungen betrifft fehlende Abrechnung

Der Bundesgerichtshof betont, dass der Mieter in diesem Fall nicht darauf beschränkt ist, sein Recht allein durch die Zurückbehaltung von laufenden Nebenkostenvorauszahlungen geltend zu machen. Das dem Mieter von der Rechtsprechung zugestandene Zurückbehaltungsrecht bei laufenden Nebenkostenvorauszahlungen betrifft den Fall, dass der Vermieter überhaupt keine Jahresabrechnung erteilt hat und der Mieter durch Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts den Vermieter zur Vornahme der Jahresnebenkostenabrechnung veranlassen möchte.

4. Voraussetzungen zur Ermäßigung der Nebenkostenvorauszahlungen

Will der Mieter die Vorauszahlungen ermäßigen, muss er die Vorgaben des § 560 IV BGB berücksichtigen:

  • Die Ermäßigung ist nur nach einer Nebenkostenabrechnung möglich.
  • Die Abrechnung muss formell wirksam Ist sie dies nicht, ist die Abrechnung ohnehin belanglos. Rein inhaltliche Fehler betreffen die Wirksamkeit der formellen Abrechnung jedoch nicht.
  • Die Ermäßigung sollte nachvollziehbar und begründet sein. Bloße Vermutungen und pauschale Kritik genügen nicht. Auch die Berufung auf das Gebot der Wirtschaftlichkeit sollte realistisch bewertet werden.
  • Die Korrektur ist nur ein einziges Mal möglich. Eine erneute Korrektur kommt erst nach Zugang einer erneuten Abrechnung in Betracht. Zwischenzeitlich eingetretene Kostenreduzierungen bleiben bis dahin außer Betracht.
  • Die Korrektur muss gegenüber dem Vermieter ausdrücklich erklärt werden.
  • Die Korrektur bedarf der Textform des § 126b BGB (schriftliche Erklärung, auch Fax, e-mail, idealerweise Brief mit Unterschrift).
  • Das Gesetz verlangt keine Begründung. Zur Vermeidung von Streit ist sie dennoch empfehlenswert.

5. Strategische und Kostenaspekte beachten!

Der Mieter sollte berücksichtigen, dass ein eventuell zu hoch angesetzter Vorauszahlungsbetrag sich spätestens bei der nächsten Nebenkostenabrechnung aufklären dürfte. Insoweit ist es allein aus prozessökonomischen Gründen nicht unbedingt sinnvoll, einen Rechtsstreit vom Zaun zu brechen. Auch im o.b. Fall des BGH ging es lediglich um 30 Euro monatlich. In Anbetracht der Kosten eines Rechtsstreits ist der Aufwand vollkommen unwirtschaftlich.

Rein strategisch macht es auch wenig Sinn, wenn der Mieter versucht, eine vom Vermieter erhöhte Erhöhung der Nebenkostenvorauszahlungen dadurch zu blockieren, dass er seinerseits die Nebenkostenvorauszahlungen aus taktischen Gründen herabsetzt oder geringfügig ermäßigt.

Will der Vermieter die vom Mieter vorgenommene Ermäßigung nicht akzeptieren, muss er den Mieter auf Zahlung der von ihm errechneten Vorauszahlungsbeträge verklagen. Im Prozess wird dann festgestellt, ob die Jahresabrechnung inhaltlich korrekt ist oder nicht. Damit muss dem Mieter aber auch klar sein, dass er das Kostenrisiko trägt, wenn sich seine korrigierte Abrechnung im Prozess als falsch herausstellt. Das gleiche Risiko trägt natürlich auch der Vermieter, sofern sich sein Kostenansatz tatsächlich als überhöht herausstellt.

Kündigt der Vermieter wegen der Nichtleistung der sich aus der Nebenkostenabrechnung ergebenden Nebenkostenvorauszahlung das Mietverhältnis aus wichtigem Grund, kommt es darauf an, dass die Abrechnung inhaltlich korrekt ist (BGH Urteil v. 16.10.2012, VII ZR 360/11).

11 Antworten auf "Dürfen Mieter Nebenkostenvorauszahlungen selbstständig korrigieren und anpassen?"

  • Peter Lannisters
    26. Oktober 2017 - 14:04 Antworten

    Wenn ich festgestellt habe, dass die Nebenkostenvoarauszahlung sich nicht mit den tatsächlichen Kosten in der Nebenkostenabrechnung deckt und diese in den letzten 2 Jahren 1128€ zuviel gezahlt wurde, besteht denn da noch die Möglichkeit einer Rückforderung oder ist das dann schon verjährt?

    Vielen Dank für Ihre Antwort

    Freundliche Grüße

    Peter Lannisters

  • Andrea Pröfrock
    8. Mai 2019 - 14:25 Antworten

    Hallo Herr Hundt,
    Ich bin im März 2018 hier eingezogen und mein Vermieter verlangte eine Betriebskostenpauschale von 180,– zuzüglich Wasser und Heizung von 70,–.Es kam mir von Anfang zu hoch vor.Aber ich brauchte die Wohnung.Nun will er 20,– BK mehr,wegen Grundsteuererhöhung , somit 200,– BK. Ich habe mich nun bei meinem Nachbar informiert der mir eine Abrechnung zeigte wonach reine BK ohne Wasser und Heizung für das komplette Jahr nur 1.300,– hoch waren, ergo nur eine Vorauszahlung von 110,–. Ich zahle 70,– Für BK die nicht existieren. Was kann ich tun? Ist das nicht Wucher?

      • Andrea Pröfrock
        8. Mai 2019 - 14:38 Antworten

        Danke Herr Hundt, für die schnelle Antwort. Aber BK-pauschale steht vor dem Gesetz anders da. Ich hab ja feste Pauschale vereinbart. Kann ich diese als Mieter auch anpassen?.

  • Sybille V.
    8. Juli 2020 - 22:37 Antworten

    Hallo Herr Hundt,

    laut des Mietvertrages liegt ein abzurechnendes Wirtschaftsjahr im Zeitraum vom 01.01. bis 31.12. eines jeden Jahres.

    Mein Vermieter (ein privater Einzelvermieter nur von meinem Apartment!) gibt mir die Nebenkostenabrechnung bei Guthaben immer erst Ende November/ Anfang Dezember des Folgejahres (also ganz kurz vor Ende der Abrechnungsfrist), obwohl die Eigentümergemeinschaft darüber bereits im Frühsommer in der Versammlung abgestimmt hat.
    Und dann behauptet er (sogar 15 Wochen nach der Eigentümerversammlung noch!), er könne mir das Guthaben (meist um die 40 Euro) “erst auszahlen, wenn er diese Rückerstattung von der Hausverwaltung” erhalte (obwohl alle anderen Eigentümer bereits diese Rückerstattungen bekommen haben!).
    So lief es die letzten Jahre immer ab!

    Meine Fragen an Sie:

    1. Muss ich sein ständiges mich so Hinhalten rechtlich akzeptieren?

    2. Darf ich als Mieterin bei so einem Vermieter-Verhalten meine Nebenkostenvorauszahlung zurückbehalten, damit ich mit dem Druck meine Abrechnung zeitnaher bekomme?

    3. Wie soll ich unter solchen Bedingungen meine NK-Vorauszahlung wirtschaftlich effektiv absenken, wenn im späten Abrechnungsmonat Dezember bereits das Folge-Wirtschaftsjahr abläuft??

    Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Antworten auf meine Fragen!

    Mit freundlichen Grüßen
    Sybille V.

    • Dennis Hundt
      9. Juli 2020 - 08:36 Antworten

      Hallo Sybille,

      der Vermieter hat nach BGB 12 Monate (nach Abrechnungszeitraum) Zeit die Nebenkostenabrechnung zu erstellen. Die Anpassung der Vorauszahlung erfolgt in der Regel immer mit einem Jahr Versatz. Kurz um: Sie können m.E. nichts unternehmen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Nina Wafo
    21. Dezember 2022 - 20:04 Antworten

    Hallo Herr Hundt,

    Nach Erhöhung der NK vor zwei Jahre bekomme ich 900eur als Guthaben. Ich möchte meine Nebenkosten um 600eur pro Jahr reduzieren. Vermieter will es nicht. Was kann ich tun?

    Herzlichen Dank im Voraus für Ihre Antworten auf meine Fragen!

    Mit freundlichen Grüßen
    Nina W.

    • Dennis Hundt
      21. Dezember 2022 - 20:10 Antworten

      Hallo Nina,

      der Artikel oben befasst sich ja ziemlich umfassend mit der Frage. Lesen Sie hier am besten noch mal im Detail nach. Aus der Praxis kann ich berichten, dass ich keinen Grund sehe, die Nebenkostenvorauszahlung auf dem Niveau mit 900 Euro Guthaben zu belassen. Eine vollständige Senkung ist sicherlich unangebracht (in der aktuellen Zeit), eine Teilabsenkung ist meines Erachtens die Lösung. Finden Sie am besten einen Kompromiss.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Michael
    5. März 2023 - 18:34 Antworten

    Guten Abend Herr Hundt,

    meine Lebensgefährtin und ich sind im Nov. 2020 in neue neue Wohnung gezogen.
    Zum Einzug lag die BK/NK-Vorauszahlung bei 180€ (90€ je Kostenart) im Monat.
    Bereits mit der Jahresabrechnung für 2020 (zu diesem Zeitpunkt wohnten wir gerade einmal 2 Monate in der Wohnung) mussten wir 90,92€ nachzahlen. An der Vorauszahlung änderte sich dabei nichts.

    Mit der BK/NK-Abrechnung für das Jahr 2021 dann der Preishammer: Nachzahlung i.H.v. 1.124€.
    Eine mit der Prüfung beauftragte Rechtsanwältin hat keine Unstimmigkeiten in der Abrechnung finden können. Die Vorauszahlung erhöhte sich daraufhin auf insgesamt 290€ (BK 150€, NK 140€) im Monat.

    Im September 2022 erhielten wir ein Schreiben, in dem die Hausverwaltung darauf hinwies, dass sich die Gaskosten um bis zu 400% erhöht hätten und deshalb bat die Heizkosten-Vorauszahlung um 100€/ Monat zu erhöhen – um die Nachzahlung abzufedern. Nichtsdestotrotz sollten wir mit einer vierstelligen Nachzahlung rechnen. Diese 100€ haben wir daraufhin für die Monate Oktober bis Dezember mit unserer regulären Miete entrichtet – auf freiwilliger Basis, eine schriftliche Zustimmung haben wir nicht abgegeben. Uns ist und war bewusst, dass unsere Hausverwaltung keinen Anspruch auf Zahlung hat – da die Vorauszahlungen erst Anfang 2022 mit der Abrechnung für 2021 erhöht wurden.

    Da zum Jahresende 2022 bereits feststand, dass es Preisbremsen rückwirkend zum 01.01.2023 geben wird, haben wir diese 100€ nicht weiter bezahlt, sondern unsere reguläre Miete gemäß Mietvertag bzw. entsprechend der Abrechnung für 2021.

    Nun, Anfang März, meldete sich unsere Hausverwaltung und teilte mit, dass sich unser Mietskonto mit 300€ im Minus befände und wir dieses ausgleichen sollen. Auf der übermittelten Kontoübersicht ist erkenntlich, dass für die Monate Januar bis März mit einer “Soll-Miete” gerechnet wurde, in denen diese 100€ eingerechnet sind. Es wird also davon ausgegangen, dass wir weiterhin 100€ mehr bezahlen als vertraglich festgelegt.

    Sind wir im Recht, wenn wir die Zahlung aufgrund der Preisbremsen und dem rückläufigen Preisen für Wärme nicht länger bezahlen und verlangen, dass die “Soll-Miete” wieder auf den Stand der letzten Jahresabrechnung reduziert wird? Unserer Auffassung nach sind diese 100€ extra nicht länger gerechtfertigt und einen Anspruch auf Zahlung hat die Hausverwaltung aus o.g. Grund nicht.

    • Dennis Hundt
      5. März 2023 - 19:01 Antworten

      Hallo Michael,

      stimmt der Mieter einer Mieterhöhung nach §558 BGB nicht zu, zahlt aber mehrere Monate die erhöhte und neue Miete, gilt das entsprechend als Zustimmung. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies sich in Ihrem Fall ähnlich darstellt.

      Es ist m.E. nicht ratsam, die Mietzahlung eigenständig und ohne Rücksprache zu kürzen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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