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Klage des Vermieters auf Zahlung der Nebenkosten (Urkundenprozess)

Haben Vermieter und Mieter mietvertraglich vereinbart, dass der Mieter neben der Kaltmiete Nebenkostenvorauszahlungen leistet, ist der Vermieter darauf angewiesen, dass der Mieter pünktlich die Vorauszahlungen entrichtet. Der Vermieter tritt wegen der Nebenkosten meist in Vorlage und erwartet vom Mieter den zeitgerechten Ausgleich seiner finanziellen Belastung. Weigert sich der Mieter, die Vorauszahlung zu zahlen oder zahlt der Mieter fortlaufend unpünktlich und erst nach mehrfacher Mahnung, kann der Vermieter auf Zahlung der laufenden Nebenkosten klagen.

Insbesondere hat den Vermieter die Möglichkeit, seine Forderung im „Urkundenprozess“ geltend zu machen. Der Urkundenprozess ermöglicht es dem Vermieter, schnell und unbürokratisch zu einem vollstreckbaren Titel zu kommen. Die Verteidigungsmöglichkeiten des Mieter sind erheblich eingeschränkt.

1. In Mietangelegenheiten sind ausschließlich Amtsgerichte zuständig

Zuständig für die Klage des Vermieters auf Nebenkostenvorauszahlungen ist immer das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Wohnung des Mieters gelegen ist (§ 23 Nr. 2a GVG). Auf die Höhe des Streitwerts kommt es dabei nicht an (ab 5.000,01 € sind in anderen Verfahren normalerweise die Landgerichte zuständig). Der Vermieter braucht nur schlüssig vorzutragen, dass sich das Mietvertragsverhältnis auf Wohnraum bezieht. Der Vermieter kann seine Forderung im normalen Klageverfahren oder im Urkundenprozess einklagen.

2. Was ist ein „Urkundenprozess“?

Der Mietvertrag ist eine privatschriftliche Urkunde. Da der Vermieter seinen Zahlungsanspruch mit der Urkunde beweisen kann, kann er auf der Grundlage des Mietvertrages die Nebenkostenvorauszahlungen auch im Urkundenprozess geltend machen (§ 592 ZPO; für die Wohnraummiete: BGH WuM 2005, 526; für die Geschäftsraummiete: BGH NZM 1999, 401).

3. Was ist ein „Urkundenmahnbescheid“?

Statt mit der Klage kann der Vermieter den Urkundenprozess auch mit einem „Urkundenmahnbescheid“ einleiten (§ 703a ZPO). Dies macht Sinn, wenn er mit keiner Gegenwehr des Mieters rechnet. Ist zu erwarten, dass sich der Mieter zur Wehr setzen wird, empfiehlt sich die Urkundenklage. Verzichtet der Mieter auf einen möglichen Widerspruch gegen den Urkundenmahnbescheid, erhält der Vermieter einen Vollstreckungsbescheid. Mit diesem kann er seine Forderung gegen den Mieter zwangsweise vollstrecken (die Aufgaben des Gerichtsvollziehers mit Pfändung usw.)

4. Warum empfiehlt sich ein Urkundenprozess?

Durch den Urkundenprozess erhält der Vermieter schnell ein Urteil, das er vollstrecken kann, obwohl die Einwendungen des Mieters im Verfahren noch nicht oder allenfalls eingeschränkt geprüft wurden. Genau das ist der Zweck des Urkundenprozesses. Normale Verfahren dauern oft ewig lange. Wenn der Vermieter (Gläubiger) seinen Anspruch mit Urkunden beweisen kann, soll er mit der Vollstreckung nicht warten müssen, bis auch der allerletzte Einwand des Schuldners (Mieter) widerlegt ist. Zu diesem Zweck splittet das Gesetz den Prozess in zwei Teile auf, nämlich das Vorverfahren und, falls der Mieter im Urkundenprozess Widerspruch erhebt, das Nachverfahren.

Das Vorverfahren heißt Urkundenprozess, weil hier die Beweismittel auf die Vorlage von Urkunden beschränkt sind. Der Vermieter kann seine anspruchsbegründenden und beweisbedürftigen Tatsachen nur mit Urkunden beweisen. Das Gericht erlässt nach dem eventuellen Widerspruch des Mieters ein Vorbehaltsurteil als vorläufigen Vollstreckungstitel.

Der Mieter kann diesen vorläufigen Titel im Nachverfahren überprüfen lassen. Dieses nachfolgende Verfahren ist der Normalprozess, in dem wiederum alle Beweismittel erlaubt sind. Hier kann das Vorverfahrensurteil auch wieder aufgehoben werden, sofern der Mieter die Forderung des Vermieters als unbegründet abwehren kann. Ein Schaden entsteht ihm nicht, als der Vermieter regelmäßig nur gegen Sicherheitsleistung (Hinterlegung einer Geldsumme bei Gericht) vollstrecken kann. Widerspricht der Mieter nicht, ist das Urteil im Urkundenprozess endgültig.

5. Was muss der Vermieter vortragen?

Der Normalprozess ist die gesetzliche Regel. Will der Vermieter im Urkundenprozess klagen, muss er es in der Klageschrift deutlich erklären (§ 593 ZPO). Voraussetzung für den Urkundenprozess ist, dass der Vermieter wenigstens eine Urkunde vorlegt, die sich auf den Anspruch bezieht. Dies ist in der Regel der Mietvertrag. Gibt es nur eine mündliche Vereinbarung, scheidet der Urkundenprozess aus. Allerdings braucht der Vermieter auch im Urkundenprozess nur vom Mieter bestrittene Tatsachen zu beweisen. Unstreitige Tatsachen stehen auch ohne Beweis fest. Ob dies der Fall ist, erfährt der Vermieter aber zuverlässig erst, wenn er die Klage eingereicht hat.

Der Vermieter muss in der Klageschrift darlegen, dass Nebenkostenvorauszahlungen vereinbart wurden. Behauptet der Mieter, dass die Vorauszahlungen herabgesetzt wurden, muss er seine Behauptung durch Urkunden beweisen. Kann er dies nicht, kann er sich erst im Nachverfahren mit anderen Beweismitteln verteidigen.

Behauptet der Vermieter, die Vorauszahlungen seien erhöht worden, genügt es nicht, eine Kopie des Erhöhungsschreibens vorzulegen. Die Erhöhung wird nämlich erst mit Zugang beim Mieter wirksam. Der Vermieter kann daher den Urkundenbeweis nur führen, wenn er zusätzlich eine Empfangsbestätigung oder bei der Versendung per Einschreiben den Rückschein oder eine Bestätigung über den Einwurf in den Briefkasten des Mieters vorlegt.

6. Wie kann sich der Mieter verteidigen?

Schlüssige Einwendungen muss der Mieter selbst mit Urkunden beweisen, sofern er dafür beweispflichtig ist. Augenscheins-, Zeugen- und Sachverständigenbeweise sind unzulässig. Ihm bleibt also letztlich regelmäßig nur der Mietvertrag. Sofern der Beklagte Einwendungen vorträgt, beispielsweise behauptet, die Vorauszahlungen seien unangemessen hoch, muss der Vermieter weiter vortragen.

Sofern der Mietvertrag den Vortrag des Vermieters stützt, dürfte der Mieter keine Möglichkeit haben, sich wirksam zur Wehr zu setzen. Sofern der Beklagte Widerspruch einlegt, ergeht ein Vorbehaltsurteil. Der Prozess wird dann im Nachverfahren fortgesetzt. Dort entfallen die Beschränkungen des Urkundenprozesses. Alle Beweismittel sind wieder erlaubt. Entscheidend ist aber, dass der Vermieter auf Grundlage des Vorbehaltsurteils vorläufig seine Forderung vollstrecken kann.

7. Welchen Inhalt hat das Urteil im Urkundenprozess?

Beispiel von einen Urteilstenor:

Vorbehaltsurteil

  1. Der Beklagte (Mieter) wird verurteilt, 1.000 € an den Kläger (Vermieter) zu zahlen.
  2. Dem Beklagten bleibt vorbehalten, seine Rechte in Nachverfahren auszuführen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
  4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheit in Höhe von 1.200 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Bankbürgschaft genügt.

8. Urkundenprozess auch bei Nebenkostennachzahlung

Der Vermieter kann auch seine Forderung auf eine Nebenkostennachzahlung im Urkundenprozess geltend machen (BGH Urteil v.22.10.2014, VIII ZR 41/14). Seine Forderung kann er mit Vorlage des Mietvertrages und der Nebenkostenabrechnung schlüssig begründen. Voraussetzung ist eine formell ordnungsgemäße Nebenkostenabrechnung.

Im Fall des BGH hat die Mieterin ohne weitere Angaben die Wohnfläche bestritten. Erst wenn die Mieterin ihre Behauptung näher begründet hätte, beispielsweise Angaben zum Gebäudezuschnitt sowie der Anzahl der Wohnungen und Stockwerke, aus denen sich Anhaltspunkte für Zweifel an der behaupteten Gesamtwohnfläche ergeben könnten, vorgetragen hätte, hätte der Vermieter weitere Unterlagen zur Berechnung der Wohnfläche vorlegen müssen.

Weiterführender Link: Klage des Vermieters auf Nebenkostennachzahlung

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