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Extreme Kostensteigerung in der Nebenkostenabrechnung – 8 Schritte für Mieter

Die jährliche Nebenkostenabrechnung birgt für den Mieter manche Überraschung. Dass alles teurer wird, ist klar. Eine extreme Kostensteigerung in der Nebenkostenabrechnung bedarf jedoch der Überprüfung.

1. Kostensteigernde Nebenkostenposition ausfindig machen

Alles hat seine Ursache. In einem ersten Schritt sollte der Mieter selbst versuchen, die Kostensteigerung nachzuvollziehen. Nebenkostenabrechnungen sind komplexe Urkunden. Sie sind oft nicht aus sich heraus verständlich. Es ist festzustellen, welche Nebenkostenposition für die Kostensteigerung verantwortlich ist. Ist dies die Heizkostenabrechnung, kann der Grund darin bestehen, dass der vergangene Winter im Vergleich zu vorhergehenden Jahren extrem kalt war und der Energieverbrauch sich zu Buche geschlagen hat.

Eine Kostensteigerung kann sich auch daraus ergeben, dass der Vermieter eine Kostenposition abgerechnet hat, die er bislang noch nicht abgerechnet hatte. Wurde ein Hausmeister eingestellt, ist der Vermieter nach der Betriebskostenverordnung berechtigt, dessen Kostenaufwand in der Nebenkostenabrechnung abzurechnen (§ 2 Nr. 14 BetrKV). Auch wenn solche Kosten bislang nicht geltend gemacht wurden, ist der Vermieter berechtigt, diese geltend zu machen. Gleichfalls kann die Grundsteuer erhöht worden sein oder der Mieter hat seinen neuen Ehepartner mit 7 Kindern in die Wohnung aufgenommen, die tagtäglich duschen und baden und damit den Wasserverbrauch in die Höhe getrieben haben.

2. Vermieter um Erläuterung bitten

Kann der Mieter die Ursache selbst nicht ausfindig machen, kann er, soweit er persönlichen Kontakt zum Vermieter hat, diesen bitten, ihm die extreme Kostensteigerung in der Nebenkostenabrechnung zu erläutern. Schließlich kann es gute Gründe geben. Ist der Vermieter persönlich nicht erreichbar, kann auch ein einfaches Anschreiben zur Aufklärung führen. Allerdings ist der Vermieter nicht verpflichtet, den Mieter aufzuklären. Er kann auf die Abrechnung verweisen.

Lesen Sie dazu: Muss der Vermieter auf Nachfrage die Nebenkostenabrechnung erläutern?

3. Belegeinsicht fordern

Der Mieter hat ein Belegeinsichtsrecht. Es berechtigt, Einblick in die Originalabrechnungsunterlagen des Vermieters oder des Hausverwalters zu nehmen, auf denen die Nebenkostenabrechnung beruht. Spätestens daraus sollte sich die Ursache für die Kostensteigerung ergeben. Soweit sich der Mieter nicht kompetent fühlt, die Unterlagen zu beurteilen, ist er berechtigt sich von einem kompetenten Dritten begleiten zu lassen. Hilfsweise kann er auch Kopien anfordern, sofern er sich gleichzeitig bereit erklärt, die dem Vermieter dadurch entstehenden Kosten zu übernehmen (ci. 0,25 €/Kopie). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist aber, dass die Einsichtnahme in den Räumlichkeiten des Vermieters für die Mieter unzumutbar ist.

Nutzen Sie: Musterbrief: Belegeinsicht Nebenkostenabrechnung

4. Prüfungsrecht des Mieters

Der Mieter kann, nachdem er Einblick in die Abrechnungsunterlagen genommen hat, die Nebenkostenabrechnung im Hinblick auf die Abrechnungsunterlagen überprüfen. Einwendungen“ ins Blaue hinein“ bleiben jedoch belanglos.

Lesen Sie: Belege der Nebenkostenabrechnung prüfen – Unterlagen richtig einsehen (13 Tipps für Mieter)

Soweit der Mieter einwendet, der Vermieter haben den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit nicht berücksichtigt, kann er sich nur darauf berufen, wenn die Kostenposition im laufenden Mietverhältnis entstanden ist. Bereits vor Einzug bestehende Nebenkosten kann er nicht beanstanden.

Lesen Sie: Wirtschaftlichkeitsgebot in der Nebenkostenabrechnung

5. Einwendungsfrist beachten

Der Mieter muss eventuelle Einwendungen innerhalb einer Frist von einem Jahr nach Zustellung der Nebenkostenabrechnung gegenüber dem Vermieter Vortragen. Versäumt er diese Frist, bleibt sein Einwand unbeachtlich (§ 556 III S. 5, 6 BGB).

6. Minderungsrecht bei Mangel der Mietsache

Ist die Kostensteigerung auf eine fehlerhaft arbeitende Heizungsanlage zurückzuführen, kann ein Minderungsrecht des Mieters begründet sein. Eine allein unwirtschaftlich, aber ansonsten fehlerfrei arbeitende Heizungsanlage muss der Mieter akzeptieren. Er kann nur denjenigen technischen Standard erwarten, der maßgeblich war, als das Gebäude gebaut wurde (BGH Urt.v.5.6.2013 – VIII ZR 287/12 Fundstelle: WuM 2013, 481). Dann entspricht die Anlage dem vertragsgemäßen Gebrauch.

Der Vermieter ist auch nicht verpflichtet, eine unwirtschaftlich arbeitende Anlage zu modernisieren. Eine Modernisierungspflicht des Vermieters bei einem Bestandsgebäude kann sich allenfalls aus der EnEV 2014 ergeben.

Weiterführender Artikel: Sehr hohe Heizkosten – Ist eine Mietminderung möglich?

7. Zahlung unter Vorbehalt

Der Mieter kann eine Nachforderung des Vermieters unter Vorbehalt zahlen. Er behält sich damit das Recht vor, die Abrechnung noch zu prüfen und eventuell zu viel bezahlte Beträge zurückzufordern.

8. Ultima ratio: Klage

Will der Mieter eine extreme Kostensteigerung nicht akzeptieren, müsste er letztlich gegen den Vermieter gerichtlich vorgehen. Im Prozess würde das Gericht die Einwendungen des Mieters überprüfen. Aussicht auf Erfolg besteht aber nur, wenn der Mieter handfeste Gründe dafür vortragen kann, weshalb die Kostensteigerung inakzeptabel ist. Soweit die Kostensteigerung auf einer nachvollziehbaren Nebenkostenabrechnung beruht, dürfte die Klage wenig Aussicht auf Erfolg haben.

Informativ: Materielle bzw. inhaltliche Fehler in der Nebenkostenabrechnung

Ähnlicher Artikel: Nebenkosten weichen stark vom Durchschnitt ab – Rechte des Mieters?

6 Antworten auf "Extreme Kostensteigerung in der Nebenkostenabrechnung – 8 Schritte für Mieter"

  • Nina Hoyer-Seibert
    29. November 2015 - 20:46 Antworten

    Hallo Herr Hundt,
    wir sollen dieses Jahr 1034 Euro Nebenkosten nachzahlen. Viele Positionen finde ich schlüssig und nachvollziehbar. Mich irritierten aber die extrem gestiegenen Gebühren für die Müllabfuhr, diese sind (im Vergleich zum Vorjahr) um das 4-fache gestiegen. Ich bin somit in Widerspruch gegangen. Nun kam folgende Antwort des Vermieters:
    “Die Stadtreinigung hat für die vergangenen Jahre falsche Gebührenbescheide erstellt. Diese wurden nun korrigiert. Leider blieb ein Widerspruch gegen diesen Bescheid ohne Erfolg. Tatsächlich war der Bescheid über eine 120L Tonne. Über Jahre stand dort aber eine 1100L Tonne.”

    Leider konnte ich keine Informationen diesbzgl. finden. Muss man das als Mieter so hinnehmen oder sollen wir einen weiteren Widerspruch einreichen?

    Ich würde mich sehr freuen, eine Antwort von Ihnen zu bekommen.
    Viele Grüße
    Nina Hoyer-Seibert

    • Dennis Hundt
      30. November 2015 - 02:07 Antworten

      Hallo Nina,

      die Frage ist, ob es eine Nachberechnung für vergangene Jahr ist und der Vermieter diese scheinbar nicht zu vertraten hat. Oder ob sich die Steigerng nur auf das letzte Jahr bezieht.

      Im ersten Fall würden Sie wohl nur zahlen müssen, wenn Sie in den Vorjahren schon in der Wohnung gelebt haben. Im zweiten Fall sowieso.

      Ich würde Ihnen raten, sich bei Bedarf anwaltlich beraten zu lassen.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

  • Anna
    8. Juli 2019 - 12:37 Antworten

    Hallo Herr Hundt,
    einer unserer Eigentümer möchte die Hausmeistertätigkeit (Hausreinigung, Außenpflege ohne Winterdienst) für das 4-Familienhaus übernehmen. Jetzt möchte er in seinem Arbeitsvertrag eine Nachzahlung für 6 Monate rückwirkend-obwohl er gar keine Gewerbeanmeldung hatte und keinen unterschrieben Arbeitsvertrag. Für seine Arbeit soll das Haus pro Jahr 3600€ zahlen (75€/Monat und WE) plus 1000€ für eine externe Winterdienstfirma. Unsere Nebenkosten sind deshalb auf 380€/Monat gestiegen. Ist es ein Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot.

  • Andrea
    12. August 2022 - 11:27 Antworten

    Hallo,

    wir haben kürzlich unsere Nebenkostenabrechnung für 2021 erhalten und sollen rund 1700 Euro nachzahlen, wobei der größte Teil davon Heizkosten sind (Fernwärme im städtischen Wohngebiet, privater Vermieter). Bisher sind wir mit unserem Abschlag bestens ausgekommen, umso größer nun der Schock.

    Eine genaue Prüfung der Unterlagen (auch in Zusammenarbeit mit dem Vermieter) hat ergeben, dass der Versorger bei einem neuen Vertragsabschluss zum 1.1.2021 die Preise drastisch angehoben hat. Das Haus war Ende 2020 verkauft worden und der neue Eigentümer konnte den Vertrag der Vorbesitzerin nicht übernehmen.

    Nun muss unserem Vermieter schon länger bekannt sein, dass unser monatlicher Abschlag bei weitem zu niedrig ist, um die zu erwartenden Kosten noch abzudecken. Er hatte uns dies jedoch nicht mitgeteilt und auch nicht zumindest empfohlen, den Abschlag zu erhöhen.

    Auch wenn die Kosten allgemein stetig steigen, so kann es doch nicht normal sein, dass wir schon im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr eine Preissteigerung von mind. 130% hatten?! Hat der Vermieter fahrlässig gehandelt bzw. müssen wir das einfach so hinnehmen?

    Viele Grüße

    • Dennis Hundt
      12. August 2022 - 13:11 Antworten

      Hallo Andrea,

      aus eigenem Interesse hätte der Vermieter Sie natürlich darauf hinweisen müssen bzw. können. Im Moment hat der Vermieter die 1.700 Euro für Sie verauslagt und bereits an den Versorger gezahlt. Es ist ärgerlich, dass es nun zu so einer hohen Nachzahlung kommt. Auf der anderen Seite ist das “linke Tasche rechte Tasche”, denn die Kosten müssen so oder so bezahlt werden.

      Ich hoffe, dass der Abschlag (Nebenkostenvorauszahlung) jetzt korrekt bemessen wird, damit Sie für die Zukunft einigermaßen gerüstet sind.

      Viele Grüße

      Dennis Hundt

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